»Raus aus der Opferrolle!« – »Integriertes Einbürgerungsmanagement versus integriertes Rückkehrmanagement!« – »Strategien gegen rechte Agitatoren« – »Einen Koffer mit one-way-Ticket in ein ›sicheres Herkunftsland‹ für den bayrischen Innenminister« – und das BAMF »auf einem guten Weg« – Schlaglichter vom Asylpolitischen Forum 2017 unter dem Titel:
»Flüchtlingsschutz zur Disposition?«
Claudia Landes und Karin Menzel nahmen vom 8. bis 10. Dezember an der Tagung in der evangelischen Akademie Villigst in Schwerte teil, wo sich neben 123 in der Flüchtlingsarbeit aktiven Haupt- und Ehrenamtlichen über 30 Fachleute und Moderatoren versammelt hatten.
In Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat NRW, Amnesty International, Pro Asyl, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche sorgten die Veranstalter für ein vielseitiges Programm.
Breites Spektrum, vielfältige Perspektiven
Emeritierte und junge Professoren sprachen ebenso wie Vertreter/innen vom BAMF und anderen Behörden, (Leitungs-)Personen beider Kirchen, Mitglieder im Petitionsausschuss und der Härtefallkommission des Landes NRW. Minister Dr. Stamp (FDP) vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration Landes NRW stellte sich dem kritischen Publikum ebenso wie die junge Aktivistin Evin Mahmoud aus Syrien, die energisch für »Jugendliche ohne Grenzen« eintrat, obwohl sie erst seit 2015 in Deutschland ist.
Asylrecht und Menschenrechte verteidigen!
Daran lag den Teilnehmenden! So sorgte Gräfin Paschma vom BAMF für heftigen Widerspruch, als sie betonte, ihre Einrichtung sei »auf einem guten Weg«. Zugleich respektierten die Anwesenden den Mut der Behördenvertreterin, sich einem überaus sachkundigen Publikum zu stellen. Minister Dr. Stamp überraschte durch klare Worte zugunsten eines Einwanderungsgesetzes und damit der Förderung legaler Migration. Pläne, die Aufenthaltsdauer in so genannten »ZUE« (Zentrale Unterbringungseinrichtung) für Migranten aus so genannten »sicheren Herkunftsländern« (v.a. Balkanstaaten) auf bis zu 24 Monaten auszudehnen, sorgten hingegen für Empörung. Unter denen, die aus solchen Einrichtungen beschleunigt abgeschoben werden sollen, sind Familien mit Kindern, die in Deutschland zur Schule gegangen sind und die Sprache bereits beherrschen. In den »ZUE« hingegen ist kein Schulbesuch vorgesehen und es mangelt an ausreichender medizinischer Versorgung. Durch die Lage der Einrichtungen mitten auf dem platten Land mit geringem Kontakt zur deutschen Bevölkerung erfolgt zudem Ghettoisierung.
Tolles Kulturprogramm
Am Samstagabend veranlasste die vom Duo Mah-e Manouche musikalisch begleitete Lesung aus dem Buch »Durch die Wand« von Nizaqete Bislimi die Teilnehmenden zu Standing Ovations. Erzählt wurde die Lebensgeschichte einer jungen Roma, die es in Deutschland gegen zahlreiche Widerstände geschafft hat, Anwältin zu werden. Gerne möchten wir diese Lesung auch dem Moerser Publikum vorstellen und hoffen, dass das möglich wird!
Provozierend intelligente Beiträge
Besonders beeindruckend waren auch die intelligenten und zugleich provozierenden Thesen von Professor Dr. Aladin El Mafaalani von der FH Münster: Der Welt gehe so gut wie nie, dennoch mehrten sich pessimistische und ausgrenzende Entwicklungen wie in Ungarn, Polen oder den USA. Die Menschen blickten nicht hoffnungsvoll, sondern sorgenvoll in die Zukunft. Prof. El Mafaalani möchte dieser gefährlichen Entwicklung eine positive Zukunftsvision entgegensetzen. Diese müsse sich aus der Zivilgesellschaft entwickeln, keine der etablierten Parteien sei dazu in der Lage.
Flüchtlingsinitiativen am Niederrhein vernetzen – Denkanstöße verbreiten
Ob er einer Einladung an den Niederrhein folgen wird? Wir wollen die geknüpften Kontakte zu MitstreiterInnen in Xanten, Kamp-Lintfort und Krefeld zu Vernetzung und gemeinsamen Veranstaltungen nutzen. Wir freuen uns, den erlebten Respekt und die Offenheit dieser Tagung in die weitere Arbeit des Flüchtlingsrates Moers einzubringen!